BERICHTE-ARCHIV

13.09.2001

Björk, 11.9.2001, Liederhalle Hegelsaal, Stuttgart

Was für ein Tag.
Am Nachmittag kamen die Schreckensmeldungen über Terroranschläge in den USA, bei denen Passagierflugzeuge in das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington gerast sind.
Am Abend dann das Konzert von Björk. Bis zu 200 DM haben die Besucher für Karten ausgegeben. Der Aufwand, der für diese Tour getrieben wurde, rechtfertigt diese Summe jedoch. Denn Björk war nicht alleine unterwegs. Mitgebracht hatte sie ein 54-köpfiges klassiches Orchester, einen grönländischen Inuit-Chor, die Harfenspielerin Zeena Parkins und die Vorgruppe Matmos (die Björk auch beim aktuellen Album "Vespertine" unterstützt haben). Und auch der großartige Sound in dem eigentlich für klassische Konzerte gedachten Saal tat seinen Teil zu einem fantastischen Abend.
Matmos wurden ob ihrer experimentelen elektronischen Musik vom Publikum sehr gemischt aufgenommen. Einige Besucher verließen die Vorstellung vorzeitig. Sicherlich hat Matmos' Musik nichts mit gängiger Pomusik gemein. Sperrige Songs und auf ungewöhnlichen Wegen und mit ungewöhnlichen Mitteln erzeugte Sounds sind nicht jedermanns Sache. Hinzu kamen die noch visuellen Effekte - etwa beim Opener, als einer der Musiker "hautnah" gefilmt und dies auf die Leinwand projeziert wurde. Das steigerte sich noch im Mittelteil des Konzertes, als Video-Aufnahmen einer Mundhöhle (wahrscheinlich wieder der eines der Musiker) gezeigt wurden - samt Zäpfchen und Speichel in Großaufnahme. Ganz entspannt und auf die Leinwand konzentriert entfaltete die Musik von Matmos jedoch ein gewisses Flair. Klangerzeugung geschah hier übrigens z.B. mittels eines Kleintierkäfigs an dem gezupft und Luftballons auf denen getrommelt wurde. Alles in allem empfand ich Matmos als angenehme und vor allem sehr passende Vorband.
Nach einer 15-minütigen Pause war dann endlich Björk dran. Ihr erstes Outfit bestand aus einem blauen Ballettkleidchen und einer gelb-schwarz- (oder blau?) - gestreiften Strumpfhose. Die Musik läßt sich dann kaum in Worte fassen. Orchester, Chor, Harfe, Matmos und natürlich Björks Gesang verschmolzen zu einem einmaligen Klangerlebnis. Trotz kompletter Bestuhlung des Saals und des oft eher ruhigen Publikums in Stuttgart war die Stimmung vom ersten Augenblick an sehr gut. Sobald das Lied erkennbar war (aufgrund des Anteils an neuem Material und der Arragements nicht immer einfach) brauste Applaus auf und nach jedem Lied wurde das Ensemble bejubelt. Auch an Björk waren die Ereignisse des Tages nicht spurlos vorüber gegangen und so widmete sie den Menschen in New York das Lied "Gotham Lullaby" der Künstlerin Meredith Monk.
Ein wenig störend und unnötig empfand ich dann doch die Pause nach etwa 45 Minuten. Brauchen die Orchestermusiker diese Pause zur Entspannung? Währenddessen spielte Zeena Parkins auf ihrer Harfe weiter. Zurück kam Björk in einem roten mit Pailletten besetzten Ballettdress mit großen Federn. Im zweiten Teil konzentrierte sie sich dann eher auf ältere Stücke, nachdem vor der Pause viel vom aktuellen Album und vom Dancer-in-the-Dark-Soundtrack "Selmasongs" gespielt wurde. Mit jedem Klassiker steigerte sich auch noch die Stimmung des Publikums. "Anchor Song", "Isobel", "Venus as a Boy" und vor allem mein absoluter Favorit "Hyperballad" brachten den Saal zum Toben. Standing Ovations nach dem offiziellen Teil waren darum keine Überraschung. Keinen hielt es mehr auf den Sitzen und auch bei den 2 folgenden Zugaben setze sich niemand mehr hin. Beendet wurde das Konzert mit dem bisher unveröffentlichten Song "Our Hands", der für mich zu den Höhepunkten des Abends zählt.
Dieser Abend war ein Erlebnis der besonderen Art, wie man es sicher nicht oft geboten bekommt. Das Konzert war natürlich zu kurz, es hätten ruhig noch ein paar mehr "Klassiker" sein dürfen. Richtig traurig macht mich die leider inzwischen nicht mehr aufzuhaltende Praxis des Verteilens von Computerausdrucken statt schöner gedruckter Konzertkarten - die wären einfach eine noch schönere Erinnerung an das Erlebte.

Teil 1
01. Musicbox Intro
02. All Is Full Of Love
03. Unravel
04. Generous Palmstroke
05. Undo
06. I'ts Not Up To You
07. I've Seen It All
08. Gotham Lullaby (for NYC)
09. Cocoon
10. Hidden Place

Teil 2
11. You've Been Flirting Again
12. Isobel
13. Venus As A Boy
14. Pagan Poetry
15. Possibly Maybe
16. Anchor Song
17. Hyperballad
18. Bachelorette

Zugaben
19. Human Behaviour
20. Our Hands
(Setlist gefunden bei www.bjork.com)

Quelle: [ jens@a-rea.de ]

 

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